Bis Gabriele* erkannt hat, dass es für sie Alternativen gibt, hat es lange gedauert. Über 10 Jahre hat sie mit ihrem damaligen Partner in einer Gemeindewohnung gelebt. Lange hat das auch gut funktioniert. Sie hatten eine gemeinsame Runde in der Siedlung, man hat sich oft getroffen, gemeinsam gelacht, geplaudert und auch getrunken. Aber dann hat sich der Alkoholkonsum ihres Partners immer mehr gesteigert. Und er wurde gewalttätig. Je mehr er getrunken hat, umso heftiger wurden die Schläge, die Erniedrigungen. Gabriele hat lange Zeit wirklich viel erduldet und ertragen. Aber irgendwann war es zu viel. Die zierliche Frau hat ihren ganzen Mut zusammengenommen und ist in ein Frauenhaus gezogen.
Dort hat sie gemeinsam mit den Betreuerinnen ihre Möglichkeiten besprochen und eine Wohnungslösung erarbeitet. Mit ihrer Mindestpension – sie hat lange in der Gastro und im Verkauf gearbeitet, meistens waren es aber Teilzeitanstellungen – konnte sich die 60-Jährige nämlich keine eigene Wohnung leisten. Und so hat sie einen Antrag auf eine Unterkunft in der Wohnungslosenhilfe gestellt. Und kam zu uns ins Haus Sama.
Am Anfang war es besonders schwierig für Gabriele anzukommen. Aus einem Frauenhaus in eine gemischtgeschlechtliche Einrichtung zu kommen, war für sie eine große Herausforderung. Alex und das Team im Haus Sama haben versucht, ihrem großen Schutzbedürfnis nachzukommen. Sie haben eine Wohnung im Frauenstock für sie bereitgestellt, waren immer für sie da, wenn sie über das Erlebte sprechen wollte und ihr immer wieder versichert, dass sie nicht mehr zu ihrem gewalttätigen Expartner zurückmuss. Dass sie im Haus Sama bleiben kann, bis sie eine eigene Wohnung gefunden hat, die sie sich auch leisten kann.
Bei uns im Haus hat sie dann auch Verbündete gefunden. Frauen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, die sie verstehen, mit denen sie sich austauschen konnte. All das hat geholfen. Gabriele hat sich stabilisiert, sie hat es geschafft, den Kontakt zu ihrem Ex abzubrechen und auch den Kontakt zum gemeinsamen Freundeskreis. Gerade deswegen war es auch so wichtig für sie, neue Bezugspersonen zu finden, die ihr Halt und Sicherheit geben.
Auch zu Malen hat sie begonnen. „Als sie die Staffelei gesehen hat, war sie so glücklich, dass sie sie ausborgen durfte und einfach drauf losmalen konnte“, erzählt uns Alex, Wohnebetreuerin aus dem Haus Sama. Die Bilder hat sie bei ihrem Auszug dann dem Haus Sama geschenkt. Alex war schon immer sehr beeindruckt, welche Kraft in der kleinen so unscheinbar wirkenden Frau steckt. Wie sie es in ihrem Leben immer wieder geschafft hat, aus schwierigen Situationen herauszukommen.
Denn auch aus dieser Situation hat sie es herausgeschafft. Mittlerweile lebt Gabriele in ihrer eigenen kleinen Wohnung. Es geht ihr schon wieder viel besser und sie fühlt sich sehr wohl in ihrer neuen Umgebung.
* Name geändert